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„Willkommen in der Hölle“



„Statt Anerkennung erhielten wir Anschuldigungen – statt Dank herrscht Stille.“ Das sagte einer der Anfang November vor dem Obersten Gerichtshof in Jerusalem wegen schwerer Folter an Palästinensern im Internierungslager Sde Teiman im Süden Israels angeklagten Soldaten gegenüber dem israelischen Kanal 7. Der Folterer sprach nicht nur von einem „Schauprozess“, er prahlte auch mit seinen Taten und gab zum Besten: „Wir werden nicht schweigen. Wir werden weiterhin für Gerechtigkeit und für unsere Familien kämpfen. Vielleicht hast du versucht, uns zu brechen, aber vergessen, dass wir die Stärke von hundert Männern sind.”[1] Ein Artikel von Wiebke Diehl.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Angeklagt waren die fünf Reservesoldaten, die schwarze Masken trugen, um ihre Identität zu verbergen, wegen der Folterung eines Gefangenen aus Gaza, dem sie – so die Vorwürfe – abgeschirmt mit Schutzschilden schwere Verletzungen und innere rektale Risse zugefügt haben sollen, indem er vergewaltigt und ihm mit einem spitzen Gegenstand in den Enddarm gestochen worden sein soll. Zudem erlitt der Gefangene einen Lungenriss und gebrochene Rippen. Die entsprechenden, im August 2024 in einem israelischen Nachrichtensender ausgestrahlten Videos von der Tat im „israelischen Guantanamo“ hatten großes Aufsehen erregt. Ende Oktober 2025 bekannte sich dann die oberste israelische Militäranwältin Yifat Tomer-Yarushalmi, für das Leaken des Videos verantwortlich zu sein. Kurz darauf reichte sie ihren Rücktritt ein und wurde festgenommen, weil sie ein Ermittlungsverfahren behindert habe. Zudem wurde sie von rechten Kräften massiv angefeindet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach vom „möglicherweise schlimmsten Anschlag“ auf Israels Image seit der Staatsgründung[2] – und meinte damit nicht etwa die Misshandlung palästinensischer Gefangener, sondern die Veröffentlichung der davon angefertigten Videos.

Bereits vor der Ausstrahlung des Folter-Videos hatte das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (OHCHR) schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben: in einem Bericht kritisierte es im Juli 2024 die Bedingungen in israelischen Haftlagern scharf.[3] Dabei war auch von schwerer Folter und anderer grausamer und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Rede – wie sie von UN und Menschenrechtsorganisationen bereits seit Jahrzehnten belegt und angeprangert wird. In dem OHCHR-Bericht ist von Tausenden Palästinensern die Rede, die seit dem 7. Oktober 2023 aus Gaza nach Israel gebracht worden seien, zumeist gefesselt und mit verbundenen Augen. Explizit wird darauf verwiesen, dass es sich bei den Gefangenen auch um medizinisches Personal, um Patienten und Zivilisten, darunter auch Kinder, handelte. Viele seien in Gewahrsam genommen worden, während sie sich in Schulen, Krankenhäusern und Wohngebäuden oder an Kontrollpunkten während ihrer Vertreibung vom Norden in den Süden des Gazastreifens aufgehalten hätten. Hinzu kämen ebenfalls Tausende, die im Westjordanland und in Israel festgenommen worden seien. Den meisten sei ein Kontakt zu Anwälten genauso vorenthalten worden wie eine wirksame gerichtliche Überprüfung ihrer Inhaftierung. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sei der Zugang zu den entsprechenden Gefangeneneinrichtungen verweigert worden. Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts, nach dem die Inhaftierungen allerdings fortgeführt wurden, seien mindestens 53 der Opfer dieser willkürlichen Praktiken in israelischen Militäreinrichtungen und Gefängnissen gestorben.

Im Bericht werden einige der in Israel teils seit Jahrzehnten gängigen Folterpraktiken aufgezählt: die Opfer werden oft tage- oder wochenlanger Isolationshaft ausgesetzt, sie werden in käfigähnlichen Einrichtungen festge


Published on 1 day, 20 hours ago






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