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G 1/19 - "Fußgängersimulation" - Entscheidung


Season 3 Episode 7


computerimplementierte Erfindungen (CII) - technischer Effekt von computerimplementierte Simulationen (erfinderische Tätigkeit)

In dieser Folge sprechen Gerd Hübscher und Michael Stadler über die Entscheidung G 1/19 der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts und beleuchten, wie die Große Beschwerdekammer die Fragen zur Patentierbarkeit von Simulationsverfahren beantwortet hat, die als Vorlagefragen im Zusammenhang mit einer Simulation von Fußgängerströmen gestellt wurden.

Ausgangsfall und Vorlagefragen

Der Großen Beschwerdekammer wurde ein Fall vorgelegt, der ein Simulationsverfahren für Fußgängerbewegungen betraf. Die Prüfungs- und Beschwerdeabteilungen hatten zuvor entschieden, dass eine Simulation, die keine direkte Auswirkung auf die physische Welt hat, keinen technischen Effekt aufweist. Aufgrund unterschiedlicher Entscheidungen zu ähnlichen Fällen wurden drei Fragen vorgelegt:

  1. Kann eine Computersimulation zum technischen Effekt beitragen?
  2. Falls ja, welche Kriterien sind dafür maßgeblich – insbesondere reicht es aus, wenn das simulierte System selbst technisch ist?
  3. Gelten besondere Maßstäbe, wenn es um Design-Verifikationen geht (z. B. die Überprüfung technischer Entwürfe mittels Simulation)?

Der COMVIK-Ansatz und die Beurteilung der Technizität

Die Große Beschwerdekammer bestätigte, dass auch für Computersimulationen der COMVIK-Ansatz (T 641/00, besprochen in Staffel 2, Folge 24) gilt. Danach zählt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur das, was technischen Charakter hat oder einen technischen Effekt bewirkt.

Eine Simulation kann nur dann einen technischen Effekt haben, wenn:

  • sie technische Eingangsdaten aus der realen Welt verwendet,
  • der Rechenvorgang selbst technische Überlegungen beinhaltet (z. B. hardwareoptimierte Berechnungen), oder
  • die Ergebnisse der Simulation unmittelbar in einem technischen Prozess genutzt werden.
  • Reine Simulationen ohne physische oder potenzielle Auswirkung auf die reale Welt gelten dagegen als nicht technisch.

Physikalischer und potenzieller technischer Effekt

Die Große Beschwerdekammer unterschied zwischen:

  • unmittelbarem technischem Effekt – etwa wenn reale Messdaten verarbeitet oder physische Prozesse beeinflusst werden, und
  • potenziellem technischem Effekt, wenn die Simulationsergebnisse klar darauf angelegt sind, später in einem technischen Verfahren verwendet zu werden (z. B. zur Steuerung eines Reaktors oder zur Optimierung eines Schaltkreises).

Eine rein virtuelle Simulation ohne eine solche Zweckbindung bleibt jedoch außer Betracht.

Anwendung auf den Vorlagefall

Im konkreten Fall – der Simulation von Fußgängerströmen – fehlte ein solcher technischer Zusammenhang:

  • Die Eingangsdaten waren nicht notwendigerweise technisch (das Gebäude existierte nur virtuell).
  • Das Verfahren selbst bewirkte keinen physischen oder potenziellen technischen Effekt.
  • Die Ergebnisse der Simulation waren nicht eindeutig auf eine technische Nutzung (z. B. den Bau oder die Optimierung eines Gebäudes) gerichtet.

Daher wurde der Hauptantrag als nicht erfinderisch angesehen.

Auch der Hilfsantrag, der eine „Designverifikation“ ergänzte, half nicht weiter – das Schlagwort allein genügte nicht, um Technizität zu begründen, wenn der technische Beitrag nicht konkret beschrieben ist.

Spätere Hilfsanträge und die Rolle gemessener Daten

Spätere Hilfsanträge versuchten, technische Merkmale einzufügen – etwa „gemessene Attribute“ oder „Timer“, um reale Einflüsse zu simulieren. Diese wurden entweder als zu spät eingereicht oder inhaltlich nicht erfinderisch angesehen, weil die Wechselwirkung zwis


Published on 1 month, 1 week ago






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