Es ist Nacht in einer Lagerhalle irgendwo in Oregon. Zwischen Paletten und Förderbändern steht eine Maschine, die aussieht wie ein Mensch. Zwei Beine, zwei Arme, ein Torso. Sie hebt Kisten, scannt Barcodes, dreht sich, läuft. Keiner schaut hin. Keiner muss ihr erklären, was sie tut. Ein anderer Roboter des gleichen Typs hat die Aufgabe am Vortag gelernt. Heute können es alle. Ein Software-Update genügt. Dieser Augenblick wirkt banal. Und doch erzählt er eine Geschichte, die größer ist, als wir ahnen – sie handelt von vernichteten Jobs und von Privatarmeen aus Metall. Von Günther Burbach.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Diese Geschichte spielt nicht in ferner Zukunft, sondern sie beginnt jetzt: Die Geschichte davon, wie Maschinen in unseren Alltag treten, in Fabriken, Pflegeheime, Restaurants, vielleicht bald auch in den öffentlichen Raum. Maschinen, die nicht nur schneller und präziser sind als wir, sondern auch miteinander vernetzt, lernfähig und massenhaft verfügbar.
Wir alle kennen die Figur „Lt. Commander Data“ aus der Science-Fiktion-Serie Star Trek. Ein freundlicher Android, stark und klug, aber stets bemüht, menschlicher zu werden. Die Roboter, die heute in Fabriken und Laboren entstehen, sind anders. Sie sind nicht freundlich, nicht neugierig, nicht moralisch. Sie sind Werkzeuge. Und Werkzeuge lassen sich nicht nur zum Helfen nutzen.
Die unscheinbare Gegenwart
Noch lacht man über sie: die hölzern wirkenden Gestalten auf Messen, die stolpern, hinfallen oder steif Arme schwingen. Doch die Realität ist ernster.
In den USA testet Agility Robotics seinen Roboter Digit bereits in Lagerhallen von Amazon. Zwei Beine, zwei Arme, ein Kopf mit Kameras, er kann Kisten stapeln, durch Gänge laufen, einfache Greifaufgaben erledigen. Noch wirkt das unbeholfen. Doch Amazon hat gezeigt, was es bedeutet, wenn Technik erst einmal in Lieferketten integriert wird: Innerhalb weniger Jahre kann sie Milliarden Menschen erreichen.
Das Start-up Figure AI hat mit dem Modell Figure-02 einen humanoiden Roboter entwickelt, der nicht nur gehen und greifen, sondern auch Werkzeuge bedienen und Sprache verstehen soll. BMW testet die Geräte in der Produktion. Elon Musk wiederum kündigt an, seinen Tesla-Roboter Optimus ab Ende 2025 in den eigenen Fabriken einzusetzen. Und in Polen sorgt Clone Alpha für Aufsehen: ein Roboter mit künstlichen Muskeln, die sich wie menschliches Gewebe bewegen, durchzogen von Flüssigkeiten, die Adern imitieren. Ein Maschinenkörper, der zum ersten Mal wirklich organisch wirkt.
Noch sind diese Prototypen teuer, begrenzt, fehlerhaft. Aber die Richtung ist klar.
Der Preissturz – Roboter werden zur Massenware
Wer glaubt, dass humanoide Roboter noch Jahrzehnte entfernt sind, sollte nach China schauen. Dort verkauft die Firma Unitree ihren humanoiden Roboter G1 bereits für rund 16.000 Dollar. Ein kleineres Modell, der R1, kostet sogar nur etwa 6.000 Dollar. Das ist weniger als ein Kleinwagen.
Noch sind es Forschungsgeräte, gedacht für Universitäten und Labore. Doch die Stückpreise zeigen, wohin die Reise geht. Was heute Experiment ist, wird morgen Massenware.
Die chinesische Regierung hat klare Ziele gesetzt: Masseneinsatz humanoider Roboter bis 2025, Weltspitze bis 2027. In Shanghai gibt es bereits Richtlinien, die den Einsatz regeln, nicht um zu bremsen, sondern um den Rollout zu beschleunigen. Und die staatlichen Beschaffungen steigen rasant: von einigen Millionen Yuan 2023 auf über 200 Millionen Yuan im Jahr 2024. Wenn ein Land mit dieser Entschlossenheit in den Markt drückt, können westliche Firmen kaum tatenlos zusehen.
Roboter wie Smartphones
Wir haben das Muster schon erlebt. Ein neu
Published on 2 days, 9 hours ago
If you like Podbriefly.com, please consider donating to support the ongoing development.
Donate