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G 1/22 "Prioritätsrechtsnachfolge" - Entscheidung und Gründe


Season 2 Episode 3


Persönliche Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts

In dieser Folge sprechen Gerd Hübscher und Michael Stadler wieder über die gemeinsame Entscheidung G 1/22 und G 2/22 der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2023.

In dieser zweiten und abschließenden Folge werden die Leitsätze und die Auflösung des Ausgangsfalles behandelt. Die Große Beschwerdekammer hat festgestellt, das das Europäische Patentamt zuständig für die Prüfung der Berechtigung des Prioritätsanspruchs ist und dass diese Prüfung nach den Grundlagen des EPÜ zu erfolgen hat. Für die Gültigkeit des Prioritätsanspruchs besteht eine widerlegbare Vermutung, sodass in der Regel lediglich übergangenen Mitanmelder der Nachweis gelingen kann, dass das Prioritätsrecht tatsächlich nicht rechtmäßig übergegangen ist.

Da sich die Große Beschwerdekammer hinsichtlich der Formalitäten lediglich auf an den Minimalanforderungen der Mitgliedsstaaten orientiert, scheint auch eine nachträgliche Übertragung nicht ausgeschlossen zu sein. Für die Praxis ist es dennoch ratsam, die Prioritätsrechtsnachfolge vor dem Anmeldetag der Nachanmeldung entsprechend zu dokumentieren, um mögliche Zweifel an der persönlichen Berechtigung jedenfalls ausräumen zu können.

Leitsätze:

I. Das Europäische Patentamt ist zuständig für die Feststellung, ob ein Beteiligter berechtigt ist, nach Artikel 87 (1) EPÜ eine Priorität in Anspruch zu nehmen.

Es gibt eine widerlegbare Vermutung nach dem autonomen Recht des EPÜ, dass ein Anmelder, der eine Priorität unter Beachtung des Artikels 88 (1) EPÜ und der entsprechenden Regeln der Ausführungsordnung beansprucht, zur Inanspruchnahme der Priorität berechtigt ist.

II. Die widerlegbare Vermutung gilt auch in Fällen, in denen die europäische Patentanmeldung auf einer PCT-Anmeldung beruht und/oder der bzw. die Prioritätsanmelder und der bzw. die Nachanmelder nicht identisch sind.

In einem Fall, in dem eine PCT-Anmeldung von den Beteiligten A und B gemeinsam eingereicht wird, wobei i) der Beteiligte A für einen oder mehrere Bestimmungsstaaten und der Beteiligte B für einen oder mehrere andere Bestimmungsstaaten benannt wird und ii) die Priorität einer früheren Patentanmeldung beansprucht wird, in der nur der Beteiligte A als Anmelder genannt ist, impliziert die gemeinsame Einreichung der PCT-Anmeldung – falls keine erheblichen tatsächlichen Anhaltspunkte dagegen sprechen – eine Abrede zwischen den Beteiligten A und B, welche den Beteiligten B zur Inanspruchnahme der Priorität berechtigt.

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Published on 10 months, 2 weeks ago






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